Die Boote lagen Kiel oben an Land. Sie trugen eine dicke Schneehaube. Das Wasser schwappte behäbig ans Ufer; schob kleine Eisplatten übereinander, gurgelte unter ihnen. In einem der kahlen Bäume saß ein Schwarm Krähen. Sie beobachteten die Umgebung, spähten nach Nahrung. Als Ulrich näher kam, flogen sie laut krächzend davon. Es war ein trüber, grauer Wintertag; Geräusche waren nur gedämpft zu vernehmen. Auf dem zugeschneiten Uferweg lief eine einsame Person entlang.
Ulrichs Blick ging hinaus auf die Wasserfläche. Seine Augen fanden nichts; die weitere Umgebung schien nicht mehr zu existieren, die Welt auf ein Minium geschrumpft zu sein. Gestern noch hatte die Sonne das Gewässer und den Himmel in strahlendem Blau und das Land ringsum weiß glitzernd gezeigt. Die Art Wintermärchen, die Menschen berührt und innehalten lässt. Auf der gegenüberliegenden Seite hatten tief verschneite Schweizer Berge im Sonnenlicht geschimmert.
Am See war Ruhe eingekehrt. Beschaulich lag er da, inmitten der weißen Pracht. Nur die Wasservögel, die unentwegt auf der Suche nach Futter auf der dünnen Eisschicht an der Uferzone hin und her stakten, brachten Bewegung ins Bild.
Langsam ging Ulrich am Ufer entlang auf der Suche nach Alleinsein. Seit zwei Tagen war er wieder bei Tilda auf der »Rosenhöhe«. Was sollte mit ihm und Klara werden? Darüber musste er nachdenken …
“Wohin dein Weg auch führt” – Roman – Christa Lieb (bei XinXii, amazon.de, Apple-Store usw.)