Vermutlich ist es nicht besonders angesagt, über Unwägbarkeiten oder gar Schwächen zu plaudern. Wenn ich mich umschaue, bzw. umhöre, erscheint immer alles perfekt, easy, glattgebügelt. Ich wag’s trotzdem. Und wenn ich dadurch ein wissendes, nachfühlendes Kopfnicken erzeuge, ist schon was gewonnen.
Seit mehr als 16 Jahren schreibe ich; ausdauernd und regelmäßig. Lyrik, Kurzgeschichten, Romane. Eine lange Zeitstrecke; gepflastert mit allerhand Erfahrungen der unterschiedlichsten Art. Würde ich sie in einem Diagramm darstellen, käme ein ziemlicher Wellensalat zustande. Und es käme heraus, dass nach jeder Veröffentlichung (»Gipfelglück«) immer tiefe Täler folgen, die selten einen Hoffnungsschimmer zu sehen bekommen.
Warum, so frage ich mich, ist das so und warum überrascht mich das noch immer? Warum erwischt es mich immer noch auf dem falschen Fuß, bringt mich ins Wanken, lässt mich alles in Frage stellen? Ich kann’s mir nicht erklären (sonst hätte ich schon längst Abhilfe geschaffen) und es macht mich zunehmend ungehalten. Manchmal weiß ich nicht wohin mit meinem Frust und kann nur mit Mühe verhindern, alles hinzuschmeißen; so richtig. Endgültig. Weg von Social Media, weg mit Homepage und Blog; einfach alle Spuren verwischen …
Das hieße in letzter Konsequenz, mir einzugestehen, dass ich vielleicht kostbare Zeit – Lebensjahre – vergeudet habe. Stunden, in denen ich wirklich alles dem Schreiben untergeordnet habe. Dieser bitteren Erkenntnis wollte ich seither keinen Raum geben. Noch nicht. Aber in den letzten Monaten ist viel passiert, was mich arg ins Grübeln gebracht hat. Und da rede ich nicht nur von dem obligatorischen tiefen Tal ohne Hoffnungsschimmer, das ich nun schon seit Ende Oktober durchschreite.
Dass ich heute diesen Blog-Beitrag schreibe, ist ja immerhin ein Lichtblick in dieser schreiblosen Tristesse und lässt mich hoffen. Was dieses kurze Aufatmen nicht beseitigen wird, sind die feinen Risse und Schrammen, die mir zugefügt wurden. Gedankenlos, unbewusst; wer weiß das schon. Wenn unbedachte Worte, Handlungen, Blicke auf Verletzlichkeit treffen, ist das nur schwer wieder geradezubiegen. Vielleicht sollten wir alle einfach behutsamer miteinander umgehen; mehr Achtung voreinander haben.
Nachdem ich nun zu »Papier« gebracht habe, was mich umtreibt, haben sich die unschönen Überlegungen natürlich nicht in Luft aufgelöst, sind die Fragen, die mich umtreiben noch lange nicht beantwortet und ich weiß noch immer nicht, ob ich diesen Schreib-Weg mit allen Konsequenzen weitergehen will.
Vielleicht bringen der aufkeimende Frühling, die Aussicht auf einen Impftermin und die Hoffnung auf normalere Zeiten mich wieder in die richtige Spur.
Christa Lieb ©
17. Mai 2021 um 15:40
Ein sehr schöner Beitrag, liebe Christa. Ich gebe dir in fast allen Punkten recht. Oft habe Ich die gleichen Gedanken und Gefühle. Aber dann macht man doch weiter. LG. RITA
20. Mai 2021 um 20:04
Vielen Dank für dein Feedback, liebe Rita. Manchmal kommt der Punkt, an dem man Dinge aussprechen muss. Und an diesem Tag war es so weit. Und ja, stimmt: »Dann macht man doch weiter.« LG Christa