Als ich vor Jahren begann das Schreiben ernst zu nehmen und es forcierte, hatte ich gewisse Vorstellungen vom Leben einer Schriftstellerin. Ich sah mich am Schreibtisch sitzen, vor mir eine Tasse Kaffee und mein Schreibblock, der sich schnell mit vielen tiefgründigen Sätzen füllt. Ab und zu würde ich nach draußen sehen, um mich am Anblick des blauen Himmels und der Blumen zu erfreuen; würde die Vögel im Baum am Rande des Gartens beobachten. Ein leiser Seufzer käme über meine Lippen. Ein Schluck aus der Tasse und dann wäre ich zurück in der imaginären Welt.
So weit, so gut. Leider viel zu schnell habe ich bemerkt, dass es sich hier wohl nur um Wunschvorstellungen handeln musste. Das Schreiben hat so viel mehr Facetten – und leider sind es nicht nur erfreuliche. Schön, es gab und gibt die oben beschriebenen Momente, doch oft ist es ein Kampf und weit entfernt von einem entspannten Künstlerdasein.
Wenn, so wie jetzt, die Fingerspitzen über der Tastatur schweben und darauf warten, dass der Befehl zum Bewegen kommt, wenn ich das Gefühl habe, meine Gehirnwindungen sind verknotet und der Fluss meiner Gedanken ist massiv behindert, dann ist Schluss mit Leichtigkeit und Müßiggang. Dann wünsche ich mir, dass das Telefon läutet oder jemand vorbei kommt und mich aus meiner Blockade befreit. All die Störungen, die in Zeiten des Wortflusses absolut nervig sind, sehne ich mir in diesen Augenblicken herbei. Sie müssen als Alibi, warum ich jetzt nicht weiter schreiben “kann”, herhalten.
Anfangs habe ich gehadert mit diesen Tatsachen; mittlerweile akzeptiere ich – zumeist – dass es zum Alltag gehört und freue mich auf die Momente, wenn das Schreibfieber mich packt, ich Stunde um Stunde am Schreibtisch sitze und alles im Fluss ist. Dann lässt mich dieses Phänomen auch schlaflose Nächte ertragen. Denn ich habe ein Ziel vor Augen: Meine Geschichte.
chrilie
25. September 2011 um 11:18
Ja, das kennt wohl jeder, der Hirnarbeit leistet. Und es gehört dazu. Mein Schwesterlein hat da mal einen Satz gebracht, der mir immer wieder durch meine Windungen huscht, wenn es mal soweit ist. Sinngemäß: Und wenn man 4 Stunden die weiße Leinwand anglotzt, bevor man den ersten Strich macht, dann gehören diese 4 Stunden eben zum Schaffensprozess dieses Kunstwerks dazu.
Genauso geht mir in dem Zusammenhang oft eine Phrase durch den Kopf, deren Herkunft ich gar nicht kenne, die uralt ist und ebenso wahr: “Alles hat seinen Preis.” Der Fluss nun mal auch. Wie befriedigend wäre so ein Fluss noch, wenn es nicht auch Blockaden gäbe, die uns überhaupt erst die große Wertschätzung des Flusses einbrächten.
Mir kommt es auch vor, als müsste ich zu häufig mit mir kämpfen, um an meine kreative Arbeit zu gehen. Mein Vorwärtskommen kommt mir vor, wie ein alter Motor, der kracht und pufft, immer mal zuckt, es aber eine ganze Weile braucht, bis er mal losläuft. Oftmals läuft er gar nicht richtig los, sondern rumpelt mit Unwucht und Geklappere immer mal einen Meter vorwärts. Ich frage mich dann: “Ich mache das doch gerne, ich habe doch eigentlich Spaß daran. Warum gerade jetzt nicht, wo es doch so praktisch wäre?” Das sind die langen Tage, an denen ich effektiv nur ein paar Stunden vorwärts komme. Dann gibt es, weniger häufig aber auch die grandiosen Tage. An denen kann ich gar nicht aufhören, gar nicht genug bekommen, ignoriere meine Umwelt, bin 12, 14, 18 Stunden am Stück, bis in die frühen Morgenstunden dran und es ist wie ein Trip.
Tja, so ist das mit dem kreativen Schaffen 8o)
25. September 2011 um 11:35
Jedes deiner Worte spricht mir aus dem Herzen, kann ich unterschreiben. Und trotzdem machen wir weiter … Das finde ich wundervoll … und richtig.
chrilie